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Als besonders geeignet erscheint im Zusammenhang mit der Arbeit nach dem SIVUS-Konzept ein Leitungsmodell, das Thomas Gordon beschrieben hat und das hier als Beispiel für partizipatorische Leitungsmodelle genannt werden soll. Dieses Modell (Gordon, 1993) beruht auf der Überlegung, dass die Effektivität einer Arbeitsgruppe dann am höchsten ist, wenn die wesentlichen Bedürfnisse der Arbeitsgruppenmitglieder befriedigt werden können.
 
Erläuternd sei hier auf die Theorie der menschliche Motivation von Abraham Maslow verwiesen (
Maslow, 1981). Der Autor entwickelte eine Motivationstheorie, in der ein hierarchischer Prozess der Bedürfnisbefriedigung beschrieben wird. Von der Erfüllung grundlegender Bedürfnisse (Hunger, Durst, Schlaf), dem Bedürfnis nach Sicherheit oder nach Zugehörigkeit, Liebe und dem nach Achtung bis hin zur Selbstverwirklichung (Persönlichkeitsentwicklung) durchläuft jeder Mensch diesen Prozess in einer hierarchischen Reihenfolge. Eine Bedürfnisstufe wird erst aktuell, wenn die vorherige Befriedigung erlangt hat. Die von Maslow beschriebenen Bedürfnisse sind universell, d.h. jeder Mensch besitzt sie, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung und in einem differenzierten Anspruch, sie auszuleben. Für eine genaue Erläuterung sei auf Reinberg (1999, S.26ff) verwiesen.
 
In Bezug auf die pädagogische Arbeit sind insbesondere die Bedürfnisse relevant, die in der Bedürfnishierarchie weiter oben stehen, wie z.B. soziale Bedürfnisse, Bedürfnisse nach Wertschätzung oder Bedürfnisse nach Selbstverwirklichung.
Die Leitung einer Gruppe wird dann von ihren Teammitgliedern akzeptiert, wenn diese durch eigene Mittel ihre Bedürfnisse befriedigen können.
Schwarte & Oberste-Ufer (1997) geben folgende Hinweise für konstruktives Leitungsverhalten: die Leitung sollte mit Anerkennung nicht zu sparsam umgehen und bei schwierigen Aufgaben auch Bemühungen und Motivation würdigen. Anerkennung sollte sie sofort aussprechen und so oft wie möglich konkrete Taten folgen lassen. Schließlich sollte sie Anerkennung differenziert und angemessen anerkennen sowie leistungs- und nicht personenbezogen aussprechen.
Konstruktiv Kritik vermitteln heißt in diesem Zusammenhang, dass sich Leitung darüber im Klaren ist, welche Ziele und Absichten mit der Kritik verbunden sind. Eine positive und sachliche Atmosphäre erleichtert das Gespräch ebenso wie eine Problemorientierung, die nach gemeinsamen Lösungen sucht. Die Kritik sollte sachlich und präzise sein, in dem Bemühen die Position des anderen zu verstehen.
 
Aus Gordons´ Modell lassen sich folgende Forderungen zur effektiven Zusammenarbeit in einer Gruppe ableiten:
Das Team formuliert gemeinsam Probleme.
Das Team erarbeitet in der Regel gemeinsam eine Lösung.
Probleme werden in der Gruppe "verflüssigt" (d.h. handhabbarer gemacht) und einer Lösung näher gebracht.
Die Teammitglieder sollen sich nach ihren Fähigkeiten einbringen und möglichst selbständig arbeiten.
Jedes Mitglied des Teams trägt für die geleistete Arbeit und für das Konzept Verantwortung.
 
Gordons´ Verständnis von Leitung wird darüber hinaus durch folgende Sätze verdeutlicht:
Leitung ist ein Teil der Gruppe.
Sie verantwortet die Gruppe und ihre Arbeitsergebnisse nach außen.
Sie überprüft, ob die Entwicklung der Gruppe und die Gruppenarbeit den Rahmenbedingungen entsprechen.
 
Die Kunst der Leitung besteht nach diesem Modell darin, den Bedürfnissen der Organisation und gleichzeitig den Bedürfnissen der Teammitglieder Rechnung zu tragen, d.h. sie muß ein Gleichgewicht herstellen zwischen diesen beiden Ebenen. Damit muß sie Spezialistin für "Produktivität", d.h. Arbeitsinhalte sein und gleichzeitig Spezialistin für zwischenmenschliche Beziehungen. Darüber hinaus muß Leitung über Techniken verfügen, Konflikte zwischen diesen beiden Ebenen zu lösen. Leiten ist Interaktion, die strukturierend geführt werden sollte und einen Vertrauensvorschuss für die Untergebenen umsetzt (Schwarte & Oberste-Ufer, a.a.O. S.321).
 
Wenn nach einem solchen (o.ä.) partizipatorischen Modell geleitet wird, ist die Chance einer großen Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiterinnen und damit auch deren Produktivität bzw. Effektivität hoch.
Ein Leitungsverhalten, das diesen Grundsätzen entspricht, ist auch in Organisationen mit hierarchischen Strukturen möglich und lässt sich als ein Parameter der SIVUS-Arbeit definieren. Durch das Konzept Leitung als "Sprecherin der Gruppe" zu verstehen, entwickelt sich der emanzipatorische Charakter des SIVUS-Konzeptes in Form ausdrücklicher Partizipation der Teammitglieder. Die Lösungswege sind demokratisch und auf Kommunikation orientiert. Dies erschwert dabei das Auftreten unlösbarer Konflikte zwischen den Mitarbeiterinnen und der Leitung (
Jantzen, 1996).
Auch das LEWO-Konzept (Schwarte & Oberste-Ufer, a.a.O. S.318) definiert Teams als interagierende Gruppen. Voraussetzung für qualifizierte Arbeit ist hier ebenfalls der Austausch. Wirkliche Kooperation kann nur dort gedeihen, wo die Kommunikationspartner die Gelegenheit zu direktem Austausch haben und regelmäßige Absprachen treffen können.
Der Entwicklungsprozess, der durch die konzeptgeleitete Arbeit in Gang kommt, führt insgesamt zu einer größeren Autonomie der Teams - diesem Prozess souverän zu begegnen ist Aufgabe von Leitung im SIVUS-Konzept. Selbständigkeit, Selbstvertrauen und Solidarität sind die zentralen Bausteine in diesem Prozess, in dem gleichzeitig ein Mehr an Verantwortung beobachtbar ist (vgl. Schwarte & Oberste-Ufer, a.a.O. S.320).

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